Unser Frühlingsfest der Reitkunst im April 2024 - Ein Bericht von Pia Winkler-Seiser
Von österreichischen Hymnen, portugiesischen Klängen und spanischen Rhythmen über moderne Popmusik und kultigen Rock bis hin zu berührender Klassik und sanften Balladen – genauso vielfältig wie die Musikauswahl für die Küren und Vorführungen waren die Pferd-Mensch-Teams, die sich an diesem Wochenende präsentierten. Sie alle schilderten eindrucksvoll, dass das sorgfältige Gymnastizieren, sowie das Ausbilden im Sinne der Natur ohne Zwangsmaßnahmen und manipulierte Haltungen jedes Pferd in seinem individuellem Rahmen zum Strahlen bringt!
Aber der Reihe nach: Das Wetter beim ersten offiziellen Event des Vereins zum Erhalt der Reitkunst in Österreich, dem Frühlingsfest der Reitkunst, war mit strahlendem Sonnenschein und nahezu 30 Grad schon fast sommerlich und lockte überraschend viele Interessierte zum Austragungsort nach Miesenbach.
Bunte Vielfalt im Viereck
In den Tag starteten wir mit einer gemeinsamen Schrittrunde – inspiriert von den Oliveira Stables in Waal in Deutschland, wo sich mehrere unserer Vorstandsmitglieder als auch Vereinsmitglieder mehrmals jährlich beim portugiesischen Reitmeister Manuel Jorge de Oliveira aus- und weiterbilden. Die Schrittrunde diente zur meditativen Einstimmung in den Tag, geritten wurde zu Musik, ohne auch nur ein Wort zu sprechen. Alle Reiterinnen folgten der ersten Reiterin. Es geht dabei darum, die gleichen Übungen wie die erste Reiterin durchzuführen und dabei stets die Linien und Abstände zu wahren. Sehr fortgeschrittene Reiterinnen waren hier ebenso in der Halle wie Reiterinnen, die ganz am Anfang ihrer Ausbildung standen. Die Rassen waren vielfältig: Lusitano, Warmblut, PRE, Noriker, Haflinger, Paint Horse oder Pony.
Genauso vielseitig ging es weiter als das neu gegründete „Reitkunst Ensemble Österreich“ Premiere feierte, mit drei Lusitanos, einem Cruzado, einem österreichischen Warmblut, einem Oldenburger, einem PRE und einem Ponymix. Die acht sehr unterschiedlichen Pferde zeigten mit ihren Reiterinnen eine harmonische Kür zu – wie sollte es bei diesem Namen auch anders sein – österreichischer Musik. Der Zuspruch war groß: Das Publikum klatschte beim Radetzky-Marsch im Takt mit, bejubelte schwierige Lektionen wie paarweise Pirouetten und ließ sich vom Spirit mitreißen.
Die Natur der Pferde im Fokus
Im Anschluss stand die Ausbildung der Pferde im Fokus, die sich stets an der Natur des Pferdes orientiert. Es ging um die Fragen, wie Pferde entsprechend der Reitkunst ausgebildet werden und welche Anforderungen zu welchem Zeitpunkt an das Pferd gestellt werden. Gezeigt wurden die unterschiedlichen Ausbildungsstände in turniermäßigen Vorstellungen zu Musikküren, in den Klassen „Basis“, „Fortgeschritten“, „Hohe Schule“ und „Square“ – bei Letzterer präsentierten die Pferd-Mensch-Teams auf einer Fläche von nur zwölfeinhalb mal zwölfeinhalb Meter herausfordernde Lektionen wie alle Seitengänge, Piaffe, fliegende Wechsel oder Pirouetten.
Besonders spannend war es, ehemals unreitbare Pferde – aus psychischen und physischen Gründen – in den Bewerben zu sehen, die durch viel Geduld, entsprechende Gymnastizierung und Rehabilitation im Sinne der Reitkunst wieder reitbar wurden und mit viel Stolz und Eleganz durch das Viereck schwebten. Dass Reiten im Sinne der Natur gesund und fit macht beziehungsweise hält, bewiesen Pferde im Alter von 26 und 22 Jahren in den Klassen „Fortgeschritten“ und „Square“, die langwierige gesundheitliche Geschichten vorweisen und von Tierärzten in der Vergangenheit abgeschrieben wurden.
Mit welcher Leichtigkeit und Harmonie reiten auf höchstem Niveau möglich ist, zeigte sich bei Pferden, die von Beginn an korrekt ausgebildet wurden: Serien- und Einerwechsel, Piaffe, Passage oder Pirouetten ohne eine sichtbare Hilfe der Reiterin, mit feinster Zügelverbindung.
Spektakuläre Impressionen mit Portugal-Flair
Spektakulär und feurig war der Abschluss des ersten Tages. Zu Ehren von Manuel Jorge de Oliveira, inspiriert von Vorführungen des Meisters mit seinen Schülerinnen und Schülern, zeigten wir portugiesische Impressionen unter dem Namen „Schülerinnen folgen der Meisterin“. Sandra Schachinger und Anna Haslinger folgten dabei Kathi Prantl, ohne vorher abzusprechen, was geritten wird – der gesamte Auftritt war improvisiert. Geritten wurde mit Lusitanos, in portugiesischen Sätteln zu portugiesischer Musik, in portugiesischen Farben. Für viele Besucherinnen und Besucher – übrigens auch für uns – ein Highlight des Wochenendes!
Ganz im Zeichen der Reitkunst auch am zweiten Veranstaltungstag
Auch der Sonntag stand ganz im Zeichen der Reitkunst, nach der Schrittrunde und der zweiten Aufführung des „Reitkunst Ensemble Österreich“ fand den ganzen Tag offenes Training mit Kathi Prantl statt. Wieder war hier eine bunte Vielfalt an Pferden und Reiterinnen zu beobachten, Besucherinnen und Besucher gewannen einen Einblick in den Unterricht im Sinne der Reitkunst auf den unterschiedlichsten Ausbildungsniveaus und konnten – wie auch schon am Tag zuvor – offene Fragen klären.
Unterschiedliche regionale Ausstellerinnen und Aussteller präsentierten an beiden Tagen ihre Produkte – Handwerkskunst, Kleidung und Schmankerl. Herrliche Köstlichkeiten gab es außerdem beim Food Truck, wo einige Gäste (und auch die Veranstalter) gerne mehrmals vorbeischauten.
Zwei Tage Reitkunst, zwei Tage Lebensfreude, zwei Tage Leichtigkeit
An dieser Stelle danken wir allen Besucherinnen und Besuchern von Herzen für das große Interesse, außerdem den herzlichen Gastgebern vom Reitstall Gut Miesenbach für die Anlage, sowie allen Helfer:innen und Teilnehmenden – und natürlich allen voran unseren wunderbaren Pferden, die uns alle zusammengebracht haben und uns so viel Freude und Gesprächspotential bieten!